International Coach Federation Deutschland

Wir von der Ethikkommission ICF-Deutschland beobachten auch aus einer professionellen Perspektive die Entwicklungen am Coachingmarkt. Ein Trend ist sicherlich, dass im Zuge der zunehmenden Digitalisierung und des Internetzeitalters, auch die Coachingangebote und –formate vielfältiger werden. Durch das Coaching mit „Modernen Medien“ (vgl. Geißler[1]) und dem E-Coaching oder Online-Coaching (vgl. Berninger-Schäfer[2]) eröffnen sich neue Möglichkeiten, aber auch Herausforderungen. Dies erfordert zusätzliche Kompetenzen von Coaches und wirft neue Fragen der Einhaltung von Ethikrichtlinien auf. Dies möchten wir anhand eines Fallbeispiels mit dem Schwerpunkt auf den Einstieg in den Coachingprozess thematisieren.

Fallbeispiel Teil 2 (Fortsetzung – 1. Teil s. Newletter 09.2017)

Im September hatten wir den ersten Teil dieser Fallstudie vorgestellt. Eine Mitarbeiterin eines Softwareunternehmens würde gerne einmal ein Online-Coachig für sich ausprobieren. Sie ist beruflich sehr stark eingespannt und häufig auf Geschäftsreisen. Daher würde ihr die mit dem Online-Coaching verbundene Unabhängigkeit von Ort und Zeit sehr entgegenkommen. Sie sucht im Internet nach entsprechenden Angeboten und entscheidet sich dann, den Kontakt zu ausgewählten Coaches aufzunehmen.

Weil sie sich nicht sicher ist, kontaktiert sie noch einen weiteren Online-Coach, der seine Dienstleistungen über die Nutzung von Zoom (ebenfalls ein Videokonferenzanbieter: https://zoom.us) anbietet. Dieser Coach ist hauptberuflich als Trainer unterwegs und arbeitet an ständig wechselnden Einsatzorten. Seine Coachings führt er teilweise aus dem Hotelzimmer oder der Hotellobby, teilweise aus dem Auto (natürlich auf dem Parkplatz) durch. Er erläutert, dass er meist sein Laptop nutzen kann, machmal aber auch sein Smartphone einsetzt (auf dem die Zoom-Software auch funktioniert) und gelegentlich auch die von Hotel öffentlich zur Verfügung gestellten Computer nutzt. Er sagt, das funktioniert in der Regel ganz gut. Die Qualität der Verbindungen ist zwar unterschiedlich, aber „irgendwie kriegt man das immer hin“. Bei dem Kennenlerngespräch, das er aus der Hotellobby führt, sind im Hintergrund Stimmen zu hören und vorbeilaufende Personen zu erkennen. Er hat für dieses Gespräch über Zoom seinen Bildschirm geteilt. Dadurch kann er mittels einer kleinen Powerpoint-Präsentation sein Coachingkonzept erkläutern. Da im Hintergrund gleichzeitig sein Emailprogramm läuft, sieht die potenzielle Klientin ab und zu Benachrichtigungen über eingehende Emails. Bei einer solchen Benachrichtigung wird sie aktiv und fragt beim ihm nach: „ich sehe gerade, dass Sie auch bei der Volkswagen AG coachen“. Das ist ja interessant, da habe ich früher auch mal gearbeitet. Der Coach erläutert im weiteren Verlauf des Gesprächs seine Vorgehensweise. Er schlägt vor, neben den Online-Treffen (synchron) auch mit Email- und Voicemail-Botschaften zu arbeiten. Voicemail würde z.B. bedeuten, dass der Coach ein besprochenes Thema nochmals zusammenfasst, mit entsprechenden „Hausaufgaben“ verbindet und als gesprochene Botschaft dem Coachee als WhatsApp-Nachricht schickt. Zum Abschluss des ca. 30-minütigen Gesprächs weist der Coach darauf hin, dass alle weiteren Informationen auf seiner Homepage zu finden sind. Als die Klientin sich später die gut aufgemachte Homepage anschaut, findet Sie tatsächlich viele Interessante Informationen zum Online-Coaching, jedoch nichts über den Hintergrund und die Qualifikationen des Coaches, dafür aber einige anonymisierte Feedbacks von ehemaligen Klienten, die sehr positiv berichten, wie sie von dem Online-Coaching profitiert haben.

Sie können sich wahlweise in die Situation der potenziellen Klientin oder in die Coach-Rolle versetzen. Würden Sie sich für diesen Coach entscheiden? Wo könnten sich aus Ihrer Sicht Fragen oder Herausforderungen in Bezug auf die Ethikrichtlinien der ICF ergeben?

Unabhängig von diesem Fallbeispiel: wo sehen Sie Unklarheiten, Herausforderungen oder Themen im Zusammenhang mit Ethik, speziell im Online-Coaching? Welche Erfahrungen haben Sie gemacht? Welche Fragen beschäftigen Sie in diesem Zusammenhang?

Ihre Meinung ist uns wichtig. Schreiben Sie uns bitte, wie Sie sich in dem eben beschriebenen Fall verhalten würden. Haben Sie selbst einen Fall aus Ihrer Coachingpraxis, den Sie gerne mit uns allen teilen möchten? Dann schreiben Sie uns bitte, wir freuen uns. Senden Sie uns Ihre Mails an ethikkommission@coachfederation.de

Bei der ICF in Deutschland sind wir von der Ethikkommission erste Ansprechstelle für Fragen, Beschwerden, Anregungen ethikkommission@coachfederation.de. Bei Bedarf arbeiten wir mit der internationalen Ethikkommission, dem International Review Board (IRB) zusammen.

Mit herzlichen Grüßen für die Ethik-Kommission

Dr. Michael Fritsch.

 

 


[1] Geißler, Harald (2017): E-Coaching – ein Überblick. In: S. Greif et al. (Hrsg.), Handbuch Schlüsselkonzepte im Coaching, Springer Reference Psychologie,

DOI 10.1007/978-3-662-45119-9_78-1.

[2] Berniger-Schäfer, Elke (2017): Online-Coaching: Warum ein neues Mindset und neue Kompetenzen notwendig sind. In: Wirtschaftspsychologie aktuell 2/2017, S. 19 – 23.

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